Saturday, October 04, 2008

DEUTSCHLAND:
Stasi-Eltern - Nazi-Kinder ?

Anmerkungen zum deutschen Nationalfeiertag am 3.10.200:

"Deutschland wird volljährig" - so berichtet dieser Tage ein notorisches Massenblatt. Dann ist das "Kind" also inzwischen alt genug, um einige Wahrheiten über seine "Eltern" zu verkraften:

Stasi-Eltern - Nazi-Kinder ?


Was haben wir uns erschrocken und gewundert, als schon kurz nach der Wiedervereinigung Sammelpunkte militanter Rechtsradikaler entstanden, und das ausgerechnet in den Kleinstädten jener DDR, die sich zu ihren Lebzeiten als ein "Hort des Antifaschismus" dargestellt hatte. Ein glaubhafter Augenzeuge aus Wittenberg erzählte mir gar davon, dass sich bewaffnete Jugendliche im Stadtzentrum aufhielten, weshalb dann die Polizei, ohne dagegen einzuschreiten, erst einmal die betroffenen Straßenzüge absperrte. Vermutlich benötigte man das Personal anderswo, um z.B. Falschparker zu notieren. Dieser Augenzeuge vertrat im übrigen die Einstellung: "Diejenigen, die uns früher mit Partei und Stasi gequält haben, die quälen uns auch heute noch, - nur eben anders."

Man sollte bei dieser Gelegenheit einmal daran denken, dass die DDR in ihrer gesamten Struktur ein faschistischer Staat war, der vieles von seinem Vorgänger, dem Dritten Reich, übernommen hatte. Auch die politischen Schauprozesse und die Verschleppung von Regimegegnern nach Ostberlin in den ersten Jahrzehnten der DDR waren nicht "von Stalin befohlen", sondern in erster Linie von den Schergen der Stasi "handgemacht" und von ihrer Führung selbst zu verantworten. Wie wir heute wissen, war der rücksichtslose Kurs des SED-Chefs Walter Ulbricht selbst den Genossen in Moskau zu gefährlich. Ulbrichts politisches Überleben am Ende der Stalin-Ära sicherte dann ausgerechnet der Volksaufstand vom 17. Juni 1953, zu einem Zeitpunkt als seine Absetzung in Moskau bereits als beschlossene Sache galt (*). Das ist ein Treppenwitz der Geschichte, wenn man bedenkt, dass Walter Ulbricht sich später mit seinem Plan zum Bau der Berliner Mauer beim großen Brudervolk durchsetzen konnte.

(*) Übereinstimmende Aussagen des ehemaligen sowjetischen Botschafters in der BRD, Falin, und eines ehemaligen KGB-Mitarbeiters.


Betrachtet man einmal aufmerksam alte Bilder und Filme, die Ulbricht und seinen Nachfolger Honegger bei verschiedenen Gelegenheiten zeigen, so kommt man nicht umhin, beide für verklemmte kleinbürgerliche Spießer zu halten. Und was bitte sollte man dann von ihrem Staat erwarten?

Unwillkürlich fragt man sich, was diese Leute von jenen Spießern unterscheiden soll, die, - einmal von der Leine gelassen -, ohne Bedenken zu Mördern des Dritten Reiches wurden. Denken wir einmal an den langjährigen Minister für Staatssicherheit, Erich Mielke, der nach seiner Inhaftierung nur noch wegen eines, in der Weimarer Zeit begangenen, zweifachen Polizistenmordes verurteilt werden konnte. Die Überwachung und gezielte Zersetzung von missliebigen Personen in Ost und West, die z.T. gruselige Züge annahm, wurde dabei nicht nur von Mitarbeitern der Stasi selbst bzw. von angeworbenen Familienmitgliedern ausgeführt. Sie war auch ohne das Zutun der "Volkspolizei" in bestimmten Fällen nicht denkbar. Die völkerrechtswidrige Verschleppung eines Diplomaten wurde z.B. mit dem Vopo-Wachposten vor der Botschaft im Detail abgesprochen. Auch dafür gibt es einen Augenzeugen.

Der Bundesrepublik hatte man immer vorgeworfen, den Faschismus neu zu beleben, indem alte Nazis wie der berüchtigte Staatssekretär Globke auch einen Zugang zu Führungspositionen der Regierung erhielten. Dabei wird aber leicht übersehen, dass es immer das Bestreben Konrad Adenauers war, weniger belastete Parteigänger der NSDAP in den westdeutschen Staat zu integrieren, um diesem eine breitere Basis zu geben und so einen größeren Konsens für die neu entstehende Demokratie zu erreichen. Obwohl Adenauer als langjähriger Bundeskanzler eine konservative Politik vertrat, die von vielen Bürgern nicht geteilt wurde, kann man ihm persönlich keine faschistische Grundhaltung unterstellen. War er nicht selbst Opfer der Nazis geworden, als die ihn aus seiner Position als Oberbürgermeister von Köln absetzten, nachdem er beinahe noch Reichskanzler der Weimarer Republik geworden wäre, mit einer von der SPD getragenen Mehrheit? Dies scheiterte seinerzeit nur an internen Streitigkeiten der Sozialdemokraten. Seine Kandidatur zum Bundeskanzler im Nachkriegsdeutschland, diesmal im Auftrag der CDU, war dann so gesehen auch nicht gerade ein Wunder.


Abgesehen von Randerscheinungen, wie den regelmäßigen Treffen ehemaliger SS-Angehöriger und notorisch revanchistischer Vertreter von Landsmannschaften, kann man der Bundesrepublik wirklich nicht vorwerfen, ein Nachfolger des Dritten Reiches zu sein.

Was den Aufbau der Geheimdienste nach dem Krieg betrifft, so haben sich beide Seiten nicht gerade mit Ruhm bekleckert, denn sowohl BRD als auch DDR arbeiteten in ihrer Frühzeit mit den "bewährten Experten" der ehemaligen Gestapo zusammen. Der entscheidende Unterschied aber ist der, dass die Nachrichtendienste der Bundesrepublik nie diese uneingeschränkte Machtfülle erhielten wie sie das Ministerium für Staatssicherheit in der DDR als "Schutzstaffel" einer paranoiden Staatsführung beanspruchte. Diese Durchdringung der Gesellschaft mit einem Netz aus Spitzeln und Denunzianten, das auch vor der Familie nicht halt machte und das jedem Bürger seinen Lebensweg vorschreiben wollte, das gab es im Westen einfach nicht.

Wen wundert es dann noch, wenn nach dem Untergang der alten Ordnung ein neuer Faschismus aufflammt und manche Jugendliche die von den Eltern vorgelebten "Ideale" auf ihre Weise umsetzen. Im übrigen gilt für die Kinder der "Generation Stasi", genau wie für die Kinder der "Generation Fettlebe" dasselbe, was auch schon für die Kinder des Dritten Reiches gegolten hat: Anständige Eltern erziehen
auch ihre Kinder im allgemeinen zu anständigen Menschen. Oder anders gesagt: Taugen die Eltern nix, dann taugen die Kinder meist auch nicht viel.

Wolfgang Wiesner alias Ulysses

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